Das war die Wintersession

Der Rückblick unserer Bundeshausdelegation auf die Wintersession 2021.

Die Covid-Situation ist kritisch und belastet uns und euch alle im beruflichen und privaten Alltag enorm. Natürlich war die Pandemie auch in der Wintersession ein Thema. Unter anderem haben wir in einer erneuten Anpassung des Covid-Gesetzes die Wirtschaftshilfen verlängert. Wir haben uns als Fraktion mehrmals und intensiv mit der Covid-Taskforce ausgetauscht. Wir sind fassungslos, dass die SVP immer noch jegliche Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie torpediert. Es ist zudem absolut unverständlich, dass die Gesundheitskommission mitten in der rasant ansteigenden Welle den Bundesrat bei den Massnahmen blockieren wollte, statt alles daran zu setzen, dass wir die Menschen vor Ansteckungen und das Spitalpersonal vor weiterer Überlastung schützen können.

Rentenreformen auf Kosten der Frauen – so nicht!

Es ist unfassbar, wie National- und Ständerat an den Frauen vorbeipolitisieren. Einmal mehr zahlen die Frauen sowie kleine und mittlere Einkommen die Reformierung der Altersvorsorge. Mit der in der Wintersession verabschiedeten AHV-Reform drohen nun vielen Neurentner:innen spürbare Renteneinbussen. Die Frauen können vom geplanten Modell kaum profitieren, die Kompensationen für die Erhöhung des Rentenalters sind viel zu gering. Die SP Schweiz stellt sich deshalb hinter das Referendum.

 

Bei der BVG-Reform zeichnet sich ebenfalls keine überzeugende Lösung ab. Die Bürgerlichen im Nationalrat höhlen den Sozialpartner-Kompromiss aus und übernehmen das unsolidarische Bankenmodell, das massive Rentenverluste für viele zur Folge hat. Gerade für die Frauen hält die Reform nicht, was sie verspricht, dabei beträgt die Rentenlücke bei den Frauen rund einen Drittel. Das deutliche Signal, welches die 15’000 Menschen an der Demonstration vom 18. September 2021 auf dem Bundesplatz sendeten, wurde von der bürgerlichen Mehrheit, bestehend aus SVP, FDP, Mitte und GLP, nicht gehört.

Hass und Hetze gegen Frauen sind kein Kavaliersdelikt

Am 9. Februar 2020 hat die Stimmbevölkerung über eine Erweiterung der Antirassismus-Strafnorm abgestimmt. Mit 63.1 Prozent haben die Stimmberechtigten deutlich Ja dazu gesagt, dass die Antirassismus-Strafnorm erweitert wird, um Diskriminierung und Aufruf zu Hass aufgrund der sexuellen Orientierung unter Strafe zu stellen. In der Vernehmlassung hat die SP bereits gefordert, dass auch Aufruf zu Hass aufgrund des Geschlechts in die Antirassismus-Strafnorm aufgenommen werden soll. Dies war auch in der Kommissionsberatung ein Thema, man wollte aber die Vorlage nicht überladen. Jetzt wird sich diese Frage wieder stellen: Min Li Marti reichte dazu eine parlamentarische Initiative ein (siehe Artikel). Diese Initiative wird gleichlautend von Frauen aus allen Fraktionen (ausser der SVP) eingereicht. Das ist ein starkes Signal, dass Gewaltaufrufe und Hetze gegen Frauen (und gegen alle Geschlechter) in unserer Gesellschaft nicht geduldet werden.

Übersteuert

Und täglich grüsst das Murmeltier: Das Kapital bestellt, das Parlament liefert. In dieser Session wurde nach rund 20 Unternehmens- und Kapitalsteuersenkungen in den letzten 25 Jahren die nächste Tranche beschlossen (Votum von Jacqueline Badran): die Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Fremdkapital wurde durchgewunken (Kosten ca. 800 Millionen Franken jährlich). Dies ein halbes Jahr, nachdem die Bürgerlichen bereits die Abschaffung der Stempelsteuer (Emissionsabgabe) erledigt haben (Kosten: 250 Millionen Franken jährlich). Auch gegen diese volkswirtschaftlich unsinnige Steuersubvention werden wir das Referendum ergreifen. Uns wird die Arbeit nicht ausgehen.

 

In die gleiche Kategorie von Bestellungen fällt die Lancierung sogenannter L-QIF-Fonds. Das sind Fonds, die nicht der Finanzmarktaufsicht (FINMA) unterstellt sind. Ein Freudenfest für das globale Kapital, aber nicht für uns, wie Jacqueline Badran ausführte. Vergeblich hat die SP versucht, Immobilien aus diesen Fonds auszuschliessen, weil solche Fonds unsere Häuser noch teurer machen.

Massentierhaltungs-Initiative

Der würdevolle Umgang mit Tieren ist heute schon gesetzlich verankert. Aber da der Begriff so oder anders interpretiert werden kann, steht in der Tierhaltung auch in der Schweiz nicht alles zum Besten. Besonders fragwürdig ist die Nutztierhaltung in Grossbetrieben. So ist bekannt, dass zum Beispiel die Geflügel-Haltung in industriell betriebenen Unternehmen schlecht ist und von Tierwürde nicht mehr gesprochen werden kann.

 

Was die Massentierhaltungs-Initiative fordert, ist daher eigentlich selbstverständlich: Sie verbietet «die industrielle Tierhaltung zur möglichst effizienten Gewinnung tierischer Erzeugnisse, bei der das Tierwohl systematisch verletzt wird.» Die Vertreter:innen der Landwirtschaftsorganisationen argumentieren damit, dass das schon eingehalten würde und dass bei der Nutztierhaltung alles in Ordnung sei. Nur ist dann nicht zu verstehen, weshalb die Initiative so heftig bekämpft wird.

 

Der Nationalrat hat die Initiative in der Wintersession beraten und erwartungsgemäss auf Druck der Landwirtschaftslobby abgelehnt. Dabei hat selbst der Bundesrat den Handlungsbedarf erkannt und einen Gegenvorschlag ins Spiel gebracht. Aber auch darauf wollte die bürgerliche Mehrheit des Nationalrats nicht eintreten. Immerhin besteht die Chance, dass der Ständerat diesen Ball noch aufnimmt; es wäre wünschenswert. Sonst wird uns ein engagierter Abstimmungskampf bevorstehen; erfahrungsgemäss haben Tierschutzanliegen über alle Parteigrenzen hinweg gute Chancen.

Wo bleibt die humanitäre Tradition der Schweiz?

Im Kriegsmaterialgesetz wurde beim Verbot der indirekten Finanzierung von verbotenen Waffen absichtlich eine Formulierung gewählt, die nicht wirklich wasserdicht ist. Auch Bürgerliche signalisierten im Abstimmungskampf zur Kriegsgeschäfte-Initiative, dass sie Hand zu bieten würden für eine neue und klare Formulierung ohne Schlupfloch. Doch davon wollten sie nichts mehr wissen, die Initiative von Priska Seiler «Kein Schweizer Geld für verbotene Waffen» wurde mit 103:84 Stimmen leider abgelehnt. Beschämend für ein Land, das sich seiner guten humanitären Dienste rühmt.

 

Mit der Schlussabstimmung am Freitag wurde auch klar, dass das Parlament definitiv ein drastisches Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge einführt. Anstatt diesen unsäglichen Status «F», der die Integration behindert, endlich durch einen bessere Schutzstatus abzulösen, werden geflüchtete Menschen in ihren Grundrechten eingeschränkt – und das in der Schweiz.